Problematik
Chronische Verstopfung (Obstipation)
Gefühl der unvollständigen Darmentleerung
Einleitung
Die chronische Verstopfung ist v.a. in Wohlstandsländern ein weit verbreitetes Problem. Sehr viele Menschen leiden daran, Frauen häufiger als Männer. Unter einer Verstopfung versteht man streng genommen eine Stuhlhäufigkeit von weniger als 3 Darmentleerungen pro Woche(!) und der Notwendigkeit, stark zu pressen. Oftmals ist auch die Stuhlbeschaffenheit hart und führt zu starken analen Schmerzen und Krämpfen.
Bei der Stuhlpassage kann es zu Verletzungen (Risse etc.) im Afterbereich und analen Blutungen kommen. Oftmals klagen die Patientinnen auch über das Gefühl von unvollständigen Stuhlentleerungen und müssen deshalb in kurzen Abständen immer wieder die Toilette aufsuchen. Der Stuhl entleert sich oft nur „portionenweise“. Es kommt sogar vor, dass der Stuhl nur durch zusätzlichen Druck auf den Damm, einem Nachhelfen mit dem Finger von vaginal oder sogar vom After her, vollständig entleert werden kann. Viele Patientinnen führen oft regelmässig anale Spülungen durch oder verabreichen sich über Jahre Klistiere (Einläufe). Dass solche „Manöver“ nur sehr ungern ausgeführt werden, versteht sich von selbst.
Ursachen
Die Gründe für eine Verstopfung sind sehr vielschichtig, so dass wir darauf hier nicht im Detail eingehen können. Ein nicht seltenes Krankheitsbild, das für eine chronische Verstopfung und/oder eine unvollständige Stuhlentleerung verantwortlich sein kann, ist die sog. symptomatische Rektozele ( innerer Vorfall der Wand im Enddarmbereich) mit Intussuszeption (Einstülpung eines Darmabschnittes in einen anderen) wenig oberhalb dieses Darmvorfalles. Dadurch kommt es zu einer Art Ventilmechanismus beim Pressen, der eine vollständige Entleerung von Stuhl aus diesem inneren Darmvorfall nach aussen behindert oder sogar vollständig verhindert. In den meisten Fällen kommt es v.a. bei (älteren) Frauen, bei denen eine Schwäche des Beckenbodens besteht und es dann zu einem Tiefertreten der Organe im kleinen Becken kommt (Darmanteile, Harnblase, Gebärmutter), zu dieser Problematik. Der Enddarm kann sich dadurch (meistens nach vorne) vorwölben. Diese Aussackung (Rektozele) kann mit den Jahren an Grösse zunehmen und Beschwerden wie oben erwähnt verursachen.
Abklärungen
Chronische Verstopfungen sollten ernst genommen und medizinisch abgeklärt werden. Dazu gehört ein detailliertes ärztliches Gespräch und eine Untersuchung des Enddarmes mit dem Finger. Dabei kann das Vorhandensein einer Rektozele bereits vermutet werden. Um allerdings Gewissheit zu haben, muss mindestens noch eine Enddarmspiegelung, besser eine vollständige Darmspiegelung, eine genaue Beurteilung der Schliessmuskelfunktion und eine sog. Defäkographie (dynamische Beurteilung des Enddarmes beim Stuhlgang) angeschlossen werden. Durch diese Untersuchungen können krankhafte anatomischen und physiologische Veränderungen diagnostiziert werden.
Therapie
Rektozelen, die keine Beschwerden verursachen, benötigen keine Behandlung. Bei geringen Problemen bei der Stuhlentleerung reicht in den meisten Fällen die Behandlung der Verstopfung mit konservativen Massnahmen (viel trinken, Ballaststoffe, Bewegung etc.) und evt. eine Änderung der Stuhlgewohnheiten. In ausgesuchten Fällen kann auch einmal eine kurzfristige Behandlung mit Abführmitteln sinnvoll sein. Dies sollte aber unbedingt vorher mit dem Arzt besprechen werden.
Bei Rektozelen, die massive Symptome verursachen und mit einer sog. Intussuszeption (Darmeinstülpung, vgl. oben) einhergehen, hat sich therapeutisch in den letzten Jahren ein minimal invasives
Operationsverfahren zunehmend durchgesetzt, die sog. STARR-Operation. Es handelt sich dabei um einen Eingriff, der in Rückenmarksanästhesie oder Narkose durchgeführt werden kann. Die Intervention
erfolgt durch den After. Es resultieren also keine Narben und der Eingriff ist in geübten Händen kaum belastend und rel. risikoarm.
STARR- Operation (stapled transanal rectal resection)
Das Prinzip der Operation beruht darin, den inneren Enddarmvorfall durch den After vollständig zu entfernen und die normale Anatomie im Enddarmbereich wieder herzustellen. Die Methoden haben sich in den letzten Jahren laufend verfeinert und die Instrumente wurden den engen Gegebenheiten im Enddarmbereich immer besser angepasst. Wir führen den Eingriff heutzutage mit einem speziell dafür angefertigten Schneideapparat aus, dem sog. Transtar® (Contour curved cutter stapler). Damit kann die Darmwand im Bereiche der Rektozele auf einer Breite von bis zu mind. 8cm zirkulär (vollständig) entfernt und mit ganz feinen Clips (ähnlich kleinen Bostich) wieder vereinigt werden. Der Eingriff dauert i.d.R. 45-60 Minuten und verursacht ausser einem leichten Druck- oder Fremdkörpergefühl im Afterbereich praktisch keine Schmerzen.
Komplikationen und Nebenwirkungen
Häufigstes Problem nach einer STARR-Operation ist ein sog. imperativer Stuhldrang (Pat. hat das Gefühl, bereits beim geringsten Stuhldrang auf die Toilette gehen zu müssen). Dieses Symptom verschwindet aber meistens in den ersten Wochen nach der Operation. Nicht alle Patientinnen sind nach der STARR-Operation vollständig beschwerdefrei. Gemäss Literatur profitieren ca. 70-80% (völlig beschwerdefrei oder zumindest eindeutige Besserung), die übrigen 20-30% haben bezüglich ihrer Symptome keinen Nutzen von die Operation, auch wenn der Eingriff absolut korrekt durchgeführt wurde und keine Probleme aufgetreten sind. Die Angaben entsprechen unseren eigenen Erfahrungen. Selbstverständlich muss man dies den Patientinnen vor der Operation genauestens erklären.
In Einzelfällen wurde auch über schwerwiegende Komplikationen berichtet, leider können diese nie mit 100%-iger Sicherheit ausgeschlossen werden. Darüber werden aber alle Patientinnen vor einem allfälligen Eingriff vollumfänglich aufgeklärt.
Fazit
Bei chronischer Verstopfung, dem Gefühl der unvollständigen Darmentleerung und allfälligem „Nachhelfenmüssen“ mit dem Finger beim Stuhlgang, ist, bei einer bewiesenen symptomatischen Rektozele und Versagen der konservativen Massnahmen, die STARR-Operation eine schonende, risikoarme und praktisch schmerzlose Methode, einer Mehrheit der betroffenen Patientinnen zu helfen und deren Lebensqualität signifikant zu verbessern.